Freitag, 23. November 2012

Bestens beschirmt in die Regenzeit

Granizo, Hagel, trommelte gegen die Fensterscheiben, als ich mich an einen Artikel erinnerte, den ich kurz zuvor gelesen hatte. In einer Reportage über Berufe, die vom Aussterben bedroht sind, hatte das Wochenmagazin Veja unter anderem über einen Guarda-Chuveiro, einen Schirmmacher, berichtet.
Rein statistisch gesehen regnet es in der südlichen Hemisphäre von Oktober bis März an 76 Tagen. In diesem Zeitraum ist der Regenschirm unverzichtbar. Als ich im Februar 2011 in der Megacity eintraf, gehörte er zu meinen ersten Anschaffungen, denn es regnete eigentlich täglich – meist kurz, aber dafür umso heftiger. Der gerade erst erstandene Regenschirm befand sich in diesen Tagen mehr oder weniger im Dauereinsatz. Schnell raffte es den schlecht verarbeiteten Regenschutz dahin und ich kaufte den nächsten Schirm, den ich, nachdem die Sonne nach einem kurzen Regenguss beim Verlassen eines Restaurants wieder strahlte, dort vergessen hatte. Regenschirm Nummer drei war schnell gekauft.
Meinem Mann erging es nicht anders. Auch seine Regenschirme waren entweder unter der Last ihrer Aufgaben zusammengebrochen oder hatten inzwischen neue Besitzer gefunden. „Kannst Du versuchen, mal einen anständigen Regenschirm zu finden“, bat er eines Tages, als er einmal mehr Ersatz benötigte. „Diese Billigschirme taugen nichts und sehen noch dazu furchtbar aus“, erklärte mein mode- und qualitätsbewusster Ehemann.
Wo ich denn hochwertige Schirme finden könnte, fragte ich meine Freundin Tereza, eine gut informierte Paulistana. Regenschirme in der Qualität, die ich aus Deutschland kennen würde, gäbe es ihres Wissens nach hier nicht. „Wir kaufen unsere Schirme immer in Deutschland“, erklärte die Ehefrau eines vor vielen Jahren eingewanderten Deutschen.
Sicher ist sicher: Ich konsultierte auch Heloisa, meine Sprachlehrerin, bei der ich mit meiner Frage anscheinend einen unsichtbaren Knopf gedrückt hatte. Ob Schirme, Schuhe, Taschen: Heute dominierten chinesische Billigprodukte den Markt. Immer seltener sei der Hinweis “feito oder fabricado no Brasil”, in Brasilien hergestellt, zu lesen, stellte die Professora traurig fest.
Fast genau 21 Monate nach meiner Ankunft in Brasilien hatte ich ihn doch gefunden, den handgefertigten Regenschirm, “feito no Brasil” von Aldo Grecco, Schirmmacher seit seinem 15. Lebensjahr, einem der letzten seiner Art.
Der heute 75 Jahre alte Grecco hatte das Handwerk von seinem Vater, einem italienischen Einwanderer, erlernt. Der war nach seiner Ankunft in São Paulo in den Bezirk Bixiga, eine traditionell italienische Nachbarschaft, gezogen und hatte dort eine Schirmmacher-Manufaktur aufgebaut, die Grecco, der in der fünften Generation Schirmmacher ist, 1972 schloss, um sein eigenes Unternehmen in Itaim Bibi zu eröffnen.
Allein der Klang des Wortes China, das die heimische Industrie aufgrund dieser importierten Modelle zum Preis von R$ 5,00 zum Erliegen gebracht habe, verursache bei dem Mann, der sein Angebot in den vergangenen zehn Jahren deutlich diversifiziert habe, um weiter bestehen zu können, Unbehagen, hatte Veja berichtet.
Ich wollte ihn kennen lernen, den Mann, der laut dem Wochenmagazin bei heutigen Produkten Eleganz und Charme vermisse und sich wehmütig an die Zeiten erinnere, als die Dame noch fünf oder sechs verschiedene handgearbeitete Schirme besessen hätten, farblich passend zur jeweiligen Kleidung.
Auf den Guarda-Chuveiro selbst traf ich nicht, als ich das schmale Ladengeschäft in der Rua Tabapuã 756 in Itaim Bibi betrat, sondern auf eine zurückhaltende Frau, die mir, nachdem ich mich ihr erklärt hatte, bereitwillig ihr Sortiment präsentierte. Es war eine Freude, die leichtgängigen Schirme im klassischen Design zu öffnen. Haptisch durchaus vergleichbar mit der Nutzung eines hochwertigen Schreibgeräts oder eines edlen Chronografen.
Ich testete einen Schirm mit Holzstock- und griff und einen mit Metallstock und Holzgriff, der zu meiner Überraschung kostenintensiver war, als das Modell mit höherem Holzanteil. Der Unterschied begründe sich durch die Anzahl der Paragonstangen, der Metallstreben, die den Schirm stützen, so erfuhr ich. Der Schirm mit 10 Paragonstangen würde R$ 130, der mit acht R$ 120 kosten. In beiden Fällen handele es sich um Schirme des Unternehmens Fazzoletti, das seit 1993 in Porto Alegre ansässig sei. Eigenkreationen des Schirmmachers, so hatte Veja bereits berichtet, liegen bei R$ 300. Möchte ein Kunde seinen Lieblingsschirm mit einer neuen cobertagem, einem neuen Oberstoff, versehen, beginnt diese handwerkliche Arbeit bei R$ 100.
Internationale Kunden wüssten die Qualität ihrer Schirme zu schätzen, erklärte die introvertierte Frau, bei der es sich um Rosa, die Ehefrau des Guarda-Chuveiros handelte, schließlich bescheiden. Gern könne ich einige Visitenkarten mitnehmen, bot sie auf Nachfrage an. Einige Deutsche gehörten bereits zu ihren Kunden.
Dann die Überraschung: Wie es mir denn in Brasilien gefalle, fragte Rosa, die bis dahin eher unzugänglich gewirkt hatte und sich immer wieder auf den Veja-Artikel bezogen hatte, der alle wesentlichen Informationen zum Geschäft enthielte. Höflich sind sie, die Brasilianer, schoss es mir in den Kopf. Da scheint Rosa keine Ausnahme zu sein. Doch bereits während ich antwortete, blitzte echtes Interesse auf. Alle Reserviertheit schien von ihr abzufallen und ich erlebte eine ausgesprochen empathische und warmherzige Frau, mit der ich lange über das Leben philosophierte.
“Nós Nacemos para Fazer Guarda-Chuvas” – frei übersetzt – „Wir sind dazu berufen, Regenschirme herzustellen“, lautet einer der Claims des Traditionshauses. Von Rosa hatte ich nicht wesentlich mehr erfahren, als ich bereits über das Unternehmen wusste. Gleichzeitig hatte ich viel über das Leben gehört, was der Besuch einer Schirmmacherei eher nicht erwarten lässt. Fasziniert von Rosas verborgener Berufung, der Vermittlung ihrer Lebenserfahrung, verließ ich das Geschäft, das seit 40 Jahren ein Teil von Itaim Bibi ist, und trat in die gleißende Sonne, die Grecco mit seinem erweiterten Sortiment dazu befähigt, noch heute Regenschirme zu fertigen.
P.S.: Es bleibt, ein weiteres Traditionsunternehmen in diesem Segment vorzustellen, das über den klassischen Regenschirm hinaus, doch darauf abgestimmt, zahlreiche stylische Produkte anbietet. Mehr dazu in einer der kommenden Kolumnen.

Freitag, 16. November 2012

„Mit Melitta kam Deutschland in Brasilien an“ oder über die Verfügbarkeit meiner deutschen Lieblingsprodukte in der neuen Heimat

Wir plauderten über Brasilien, darüber, was uns, die wir beide aus Deutschland stammen, in das subtropische Land geführt hatte, als meine Gesprächspartnerin beiläufig einstreute, dass sie einmal gehört habe, dass mit Melitta Deutschland in Brasilien angekommen sei. Der Urheber dieses Satzes muss ein echter Fan der Filtertüten sein, dachte ich bei mir. Diese Position hätte ich anderen Traditionsunternehmen eingeräumt.
Doch der mir etwas eigentümlich erscheinenden (An-)Satz ging mir nicht aus dem Kopf. Ende der 1960er Jahre, so recherchierte ich schließlich, hatte sich Melitta als Anbieter eines Komplettsortiments von Produkten für die Kaffeezubereitung in Brasilien, dem größten kaffeproduzierenden Land der Welt, angesiedelt. Aus Unternehmenssicht eine naheliegende Entscheidung.
Mit dem 1908 beim Kaiserlichen Patentamt zu Berlin patentierten Papierfilter, so ist zu lesen, sei 1968 “uma ideia brilhante”, eine brillanten Erfindung, nach Brasilien gekommen, wo bis zu diesem Zeitpunkt sehr wenig erfunden worden sei, was mit diesem Produkt konkurrieren konnte. Offensichtlich hat Melitta, gemäß des wohl bekanntesten Slogans des Traditionsunternehmens, Kaffee auch in Brasilien, zum Genuss gemacht und – nicht zuletzt durch die vereinfachte Zubereitung – die Herzen der Brasilianer gewonnen.
Für Wirtschaftsexperten sei hinzugefügt, dass die Präsenz deutscher Unternehmen in den 1960er und 1970er Jahren insgesamt stark zugenommen hat. So waren 1964 von den zehn größten deutschen Unternehmen acht in Brasilien tätig, in den 70er Jahren hatten von den 100 größten Unternehmen 44 in größerem Umfang in Brasilien investiert. Ein Unternehmen dieser Zeit: Melitta.
Würde es meine Lieblingsprodukte in Brasilien geben? Bereits bevor ich meinem Mann dorthin folgte, trieb mich der Gedanke um, ob und welche davon wohl dort zu bekommen wären.
Während meines ersten Besuchs in der Megacity, knapp drei Monate vor meiner Übersiedlung, stellte ich erleichtert fest, dass die Parfümerien in den Shopping Centern im Hinblick auf die Verfügbarkeit internationaler Produkte keine Wünsche offen lassen. Allerdings währte meine Freude nicht lang, denn mein Lieblingsmascara, gerade einmal 6,5 Millimetern schwarzer Farbe, kostete sage und schreibe R$ 168,00, annähernd 74 Euro. Das französische Produkt war hier fast drei Mal teurer. Da wäre es wohl besser, Kosmetikprodukte auf Vorrat zu kaufen und sie in den zwei Mal 35 Kilogramm Freigepäck, die ich bei meiner Einreise hätte, zu verstauen.
Man könnte meinen, ich hätte im großen Stil Parfümerien und Drogerien ausgeraubt, amüsierte ich mich, als ich die Koffer vor meiner Reise in die neue Heimat schloss. Die Mengen würden sicher reichen, um in São Paulo eine Karriere im Kosmetikhandel zu starten. „Als gäbe es ausgerechnet in Brasilien, dem Land der Körperpflege, keine vergleichbaren Produkte“, kommentierte mein Mann, als ich die Koffer auspackte, konsterniert.
Eine Freundin zeigte deutlich mehr Verständnis. „Wenn wir aus Deutschland zurückkehren, ist das auch immer so“, erklärte sie, als ich ihr von meinem persönlichen Kosmetik-Import berichtete. „Du glaubst nicht, was wir schon alles ins Land gebracht haben. Das Spektrum reicht von der Kaffeemaschine bis zum Rasenmäher“, führte sie aus.
Um etwaigen Versorgungsengpässen vorzubeugen, begann ich nach einer Weile, das Angebot der Drogarias zu sondierten, was meinen Import zu legitimieren schien. Andere Länder, andere Sitten: Rasiergel für Frauen und spezielle Klingen sind hier nicht zu finden, denn in Brasilien depiliert Frau sich die Beine. Die Rasur ist den Männern vorbehalten.
Gesichtsreinigungstücher fand ich, wenn auch nicht die, die ich favorisiere, versteckt in den Regalen einiger Drogarias. Entzückt kaufte ich das importsteuerbelastete deutsche Konkurrenzprodukt, das leider völlig eingetrocknet war. Einige Wochen später wich ich auf ein brasilianisches Erzeugnis aus, was dafür sorgte, dass mir unaufhörlich die Augen tränten. Oder weinte ich meinem Produkt nach? Ich beschloss, meine hier nicht erhältlichen Lieblingsprodukte weiterhin zu importieren oder sie mir von Besuchern aus Deutschland mitbringen zu lassen.
Viele deutsche Lang- und Kurzzeit-Einwanderer, so weiß ich inzwischen, halten dies so, zum Teil mit interessanten Begründungen. So erzählte mir beispielsweise eine junge Frau, die erst wenige Monate zuvor in die Megacity gekommen war, dass sie Nutella und auch (Schweizer) Lindt-Schokolade, einführt, denn beide Schokoladenzubereitungen würden hier einfach anders schmecken. Ein Geschmacksunterschied sei mir bislang noch nicht aufgefallen, entgegnete ich, woraufhin sie mir die Durchführung einer Blindverkostung vorschlug. Sie sei sicher, dass das Originalprodukt den Test gewinnen würde.
Dieser wissenschaftlichen Methode habe ich mich bislang noch nicht bedient. Dafür aber immer wieder einmal deutscher Produkte, die in der Megacity an vielen Orten erhältlich sind.
Bis heute fasziniert mich das Angebot des edlen Traditionsgeschäfts Casa Santa Luzia. Stets führe ich São Paulo-Besucher durch den vom Portugiesen Daniel Lopes 1926 gegründeten Gourmettempel, zeige die bestimmt zwanzig verschiedenen deutschen Biere, die sündhaft teuren Käse aus aller Herren Länder, die Gläser mit Deutschländerwürstchen und die mit Roter Grütze, demonstriere die unterschiedlichen deutschen Brotsorten und ende mit den Süßigkeiten und den internationalen Produkten für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten und Ernährungseinschränkungen.
Auch den Mercado Municipal de Santo Amaro präsentiere ich gern mit seinen zahlreichen „deutschen“ Verkaufsboxen. Hier liegt die Toffifee-Schachtel neben der brasilianischen Lacta-Schokolade. Vom Aachener Zentis-Marzipan bis zur KNORR Delikatess Brühe aus Heilbronn ist hier eine bunte Mischung deutscher Lebensmittel zu finden.
Selbst die kleine Padaria, die Bäckerei, an der Ecke hat allerlei deutsche Köstlichkeiten zu bieten, wenn auch teils zu horrenden Preisen. Aber wen schert das schon, wenn die Sehnsucht einmal groß ist.

Freitag, 9. November 2012

III Prêmio de Fotografia 2012: Ende gut, alles gut?

Als ich erschöpft und überglücklich von meinem aufregenden Fototermin in der Zona Leste zurückgekehrt war und meine E-Mails abrief, kam mir spontan der Gedanke, dass dieser Tag wohl mein Glückstag sein müsste, denn wider Erwarten hatte ich Post von der Prefeitura, der Stadtverwaltung, erhalten. Meiner schriftlichen Anfrage nach den Aktivitäten in den Bereichen Natur und Umweltschutz hatte man sich dort tatsächlich angenommen.
Eine Mitarbeiterin des Atendimento ao Cidadão, dem Bürgerservice der Secretaria do Verde e Meio Ambiente, empfahl mir, mit einer der drei Gärtnereien der Prefeitura Kontakt aufzunehmen, um mich über die Maßnahmen der Prefeitura zu informieren. Da war er wieder, der Viveiro Manequinho Lopes, den mir Heloisa, die Sprachlehrerin, vor einiger Zeit bereits ans Herz gelegt hatte.
Die Informationen zur zweiten Gärtnerei, dem Viveiro Arthur Etzel, ließen mich schmunzeln, denn der befände sich im Parque do Carmo, den mir der Gründer der Hilfsorganisation wenige Stunden zuvor als die große öffentliche Grünfläche der Zona Leste aus der Ferne gezeigt hatte.
Auch könne ich den dritten Viveiro, benannt nach dem deutschen Botaniker und Pflanzensammler Harry Blossfeld (1913-1987), der in Südamerika tätig war, in der Zona Oeste besuchen.
Spontan entschied ich mich für den Viveiro Manequinho Lopes, die pragmatische Lösung, denn Abenteuer hatte mir der III Prêmio de Fotografia 2012 bereits genug beschert. Noch dazu hatte ich eine Art Garantie, dass der Viveiro Manequinho Lopes interessante Motive bieten würde, denn meine eher nüchterne Sprachlehrerin war geradezu ins Schwärmen geraten war, als sie von der im Parque Ibirapuera gelegenen Gärtnerei berichtet hatte.
Um mir selbst ein Bild zu machen, beschloss ich, meinen Mann am Feiertag, eine Woche vor Ablauf der Wettbewerbsfrist, mit einer kleinen Fotosafari in den Viveiro Manequinho Lopes zu lotsen. Fotografieren würde ich nicht können, denn es fehlten die Protagonisten, die Menschen, die das Grün in die Stadt bringen, die dort ausschließlich von Montag bis Freitag in der Zeit von 7.00 bis 16.00 Uhr arbeiten.
Wie so oft wirkte das Stichwort Fotosafari Wunder, trotz des bedrohlich bedeckten Himmels, der sich auf dem Weg immer weiter verdunkelte. In der Zivilisation bestens orientiert – geradezu als sei mir ein GPS eingepflanzt – verlässt mich in der Natur leider nur zu oft die Fähigkeit, mich zurechtzufinden, was dazu führte, dass wir, trotz Beschilderung, an der Abbiegung, die uns zum Ziel geführt hätte, vorbeiliefen und längere Zeit durch den weitläufigen Park irrten. Mit dem Regen trafen wir an der Gärtnerei ein und fotografierten begeistert, trotz widriger Umstände.
Die waren ideal, als ich drei Tage später für mein drittes Motiv am gleichen Ort eintraf. Dass ich gleich das erste Foto auswählen würde, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Sicher ist sicher: Obwohl ich sieben weitere Arbeiter portraitierte, waren die Bilder dank eines sehr aufgeschlossenen Vorarbeiters, der mich herumführte, in nicht einmal einer Stunde im Kasten. Nun müsste ich die schnellstmöglich entwickeln lassen. Kein Problem, schließlich hatte ich noch vier Tage bis zum Abgabeschluss.
Weit gefehlt, wie ich am gleichen Abend realisierte, denn neben den drei Fotos, einer DVD und Kopien mehrerer Dokumente, sollten ein Lebenslauf zur Veröffentlichung und ein “breve release do trabalho”, ein Text zur fotografischen Arbeit, eingereicht werden – selbstverständlich auf Portugiesisch.
Die Teilnahme am III Prêmio de Fotografia 2012 des Club Transatlântico war beschlossene SacheIch würde mich nicht auf der Zielgeraden geschlagen geben, nicht nachdem ich bereits so viele Herausforderungen bewältigt hatte. Es sollte doch wohl zu schaffen sein, mein Vorhaben schriftlich zu formulieren, auch wenn sich meine portugiesischen Texte bis zu diesem Zeitpunkt auf Textnachrichten und kurze E-Mails beschränkt hatten.
Ich hatte Menschen, die das Grün in die Stadt bringen, portraitiert. Die bildeten drei Sektoren ab. Der Carregador, der auf dem CEASA, dem Blumenmarkt, Pflanzen und Blumen zum Endkunden bringt, repräsentierte den kommerziellen Sektor. Genivaldo, der Gärtner aus Leidenschaft, stand für den privaten Sektor und der Arbeiter von DEMAX, dem Dienstleister der Prefeitura, veranschaulichte die Aktivitäten im öffentlichen Sektor.
Es dauerte einige Stunden, bis ich den eineinhalb Seiten langen Text geschrieben hatte. So qualvoll die waren, schickte ich meine Ausführungen – nicht ohne einen gewissen Stolz – an meine Lektorin, eine Muttersprachlerin, mit der ich mich regelmäßig zum Sprachaustausch treffe.
Selbst wenn sie kein gutes Haar an meinem Text lassen würde: Ich hatte meinen ersten längeren, komplexen Text auf Portugiesisch zu verfassen. Als ich kurze Zeit die korrigierte Textdatei öffnete, war ich begeistert, denn die Fehler waren überschaubar.
Wenn der gesamte Wettbewerb so schnell und unkompliziert verlaufen wäre, wie die Eingabe der Korrekturen! Ein einfaches Stichwort – der Hinweis darauf, dass die Wettbewerbsfotos eine schlüssige Geschichte erzählen sollten – hatte mich zur Teilnahme bewogen. Das hätte ich leichter haben können, indem ich einfach eine Geschichte schreibe, zu welchem Thema auch immer. Und doch bin glücklich und dankbar, dass ich die Herausforderung des III Prêmio de Fotografia 2012 angenommen habe, denn die gemachten Erfahrungen, mögen sie in den jeweiligen Momenten noch so aufreibend gewesen sein, möchte ich um keinen Preis missen.